Familie Schweine (Suidae)
Wildschwein: Sus scrofa, Hausschwein: Sus scrofa f. domestica
Das Schwein gilt als altes Haustier des Menschen.
Wahrscheinlich gibt es Hausschweine seit fast 9 000 Jahren.
Molekularbiologische Untersuchungen an Haus- und Wildschweinen zeigten, daß
sich während der Jungsteinzeit die Domestikation in vielen Gebieten der Erde
unabhängig voneinander vollzog. Die lange etablierte These, daß mitteleuropäische
Hausschweine von Wildschweinen aus dem Nahen Osten abstammen, gilt damit als
widerlegt. In Europa sind Hausschweine seit mindestens 6 000 Jahren bekannt.
Hier erlangten sie schnell hohe wirtschaftliche Bedeutung, vor allem dann, wenn
günstige ökologische Bedingungen für die Waldweide gegeben waren. Mit der
beginnenden Industrialisierung mußte weitgehend zur Stallhaltung und -fütterung übergegangen werden, was viele der
damaligen Rassen nicht vertrugen. Da in Ostasien schon viel früher mit der
Haltung in Ställen und einer speziellen Fütterung begonnen wurde, kreuzte man
diese Schweinerassen in die europäischen Bestände ein.
Wie bei allen Haustieren verringerte sich auch beim
Hausschwein zuerst die Körpergröße. Die Tiere wurden noch einmal kleiner, als der
Waldbestand verringert wurde. Erst vom Beginn der Neuzeit an wurden
Hausschweine wieder größer. Die Körperform des Wildschweines blieb lange auch
bei Hausschweinen erhalten. Bei manchen Hausschweinrassen blieben Eigenarten
wie Stehohren und Hängeschwänze bis heute erhalten. Ringelschwänze z.B. traten
bei einigen Formen aber schon vor 5 000 Jahren auf. Das Hausschwein ist in
vielen Gegenden der Welt bis heute der größte Fleischlieferant. Durch
klassische Zuchtverfahren wurde die Behaarung der Haut weitestgehend reduziert,
das Körpergewicht bei relativ geringem Fettanteil maximiert, so daß die
Grenzen der Tragfähigkeit des Skeletts erreicht wurden.
Heute gibt es eine Vielzahl von Schweinerassen. Sie
entstanden alle erst in den letzten zwei Jahrhunderten. Bis dahin sorgte die
Praxis der Eichelmast dafür, daß sich Hausschweine immer wieder mit
Wildschweinen kreuzten. In neuester Zeit wurden sehr kleine Schweinerassen
(sogenannte Minischweine) auch als Haustiere ohne kommerzielle Nutzung beliebt.
Einige der bekannteren Rassen sind: Amerikanisches
Yorkshire-Schwein, Angler Sattelschwein, Bentheimer Landschwein,
Cornwall-Schwein, Dänische Landrasse, Deutsches Edelschwein, Deutsche
Landrasse, Deutsches Sattelschwein, Duroc-Schwein, Hängebauchschwein,
Hampshire-Schwein, Husumer Protestschwein, Iberisches Schwein (Cerdo Ibérico),
Lettisches Weißschwein, Mangalica-Schwein (Wollschwein), Pietrain,
Schwarzfußschwein (Porc Noir de Bigorre, Pyrenäen), Schwäbisch-Hällisches
Landschwein, Turopolje-Schwein, Waldweideschwein.
Schweine können nicht schwitzen. Viele Schweinerassen
sind stressanfällig und können auch ähnliche Herz- und Kreislaufkrankheiten
entwickeln wie der Mensch. Sie werden deshalb auch als Labor- und Versuchstiere
gehalten. Physiologisch sind sich Schwein und Mensch sehr ähnlich. Das betrifft
nicht nur die ähnlichen Krankheitsausprägungen, sondern z. B. auch die
Struktur und Beschaffenheit von Fleisch und Fettgewebe. In der Gerichtsmedizin
z. B. werden Stich- und Schußverletzungen an frischgeschlachteten
Schweinen nachgestellt.
Schweine werden in der Umgangssprache regelmäßig als
dumm und dreckig bezeichnet. Verschiedene Untersuchungen legen weder das eine
noch das andere nahe. Schweine, die in ausreichend weitläufigen Ställen
gehalten werden, nutzen generell eine Ecke als Kotecke. Ihr Suhlen in feuchtem
Schlamm ist eine angeborene Verhaltensweise, die der Reinigung dient und bei
hohen Temperaturen ihre Körpertemperatur senkt und sie vor Sonnenbrand schützt.
Neuere Beobachtungen lassen sogar auf eine Fähigkeit zur Selbstmedikation
schließen. Bei in den Niederlanden gehaltenen Schweinen hat man beobachtet, daß Schweine, die mit einem Darm-Antiseptikum behandelt worden waren, plötzlich
begannen, den Urin ihrer Artgenossen zu trinken. Untersuchungen des
Medikamentes führten zu dem Ergebnis, daß es ein Absterben der
Nebennierenrinde nach sich zog und daß dadurch der Aldosteron-Spiegel im Blut
bei den mit den Medikamenten behandelten Schweinen absank. Durch das Trinken
des Urins von unbehandelten Schweinen waren die Tiere jedoch in der Lage, den
Verlust des Aldosterons wieder auszugleichen.
Schweine sind auch keinesfalls, wie oft behauptet,
dumm. Untersuchungen an der Pennsylvania University haben ergeben, daß
Schweine mit einem Joystick im Maul an einem Monitor Erkennungsaufgaben sehr
gut lösen können. Man geht davon aus, daß sie vergleichbare kognitive
Fähigkeiten haben wie die Primaten. Es gibt immer wieder Berichte über
Schweine, die überraschende Intelligenz zeigen.
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