Welche Gedanken und Gefühle
rieft bei Ihnen das Denkmal auf dem
Bild hervor? Was wissen Sie noch über die Gründung Kyjiws? Warum hieß der erste Staat von Ostslawen Kyjiwer Russ? Was bedeutet das Wort "Russ"? Wer waren die Waräger? Was ereignete sich im Jahre 988? Welche Denkmäler in Kyiw erinnern bis heute an die Fürsten Jaroslaw und Wolodymyr?
Bild hervor? Was wissen Sie noch über die Gründung Kyjiws? Warum hieß der erste Staat von Ostslawen Kyjiwer Russ? Was bedeutet das Wort "Russ"? Wer waren die Waräger? Was ereignete sich im Jahre 988? Welche Denkmäler in Kyiw erinnern bis heute an die Fürsten Jaroslaw und Wolodymyr?
Das Kyjiwer Reich entstand im 9.
Jahrhundert auf der Basis der ostslawischen Stämme. Das Kerngebiet des Reiches
lag zwischen der Ostsee und dem Schwarzen Meer. Sein Herrschaftsgebiet aber
erstreckte sich1 bis nach Karelien im Norden und bis an die obere
Wolga und die Oka im Nordosten. Es umfasste alle Ostslawen und zusätzlich viele
finnisch- und baltischsprachige Stämme. Im Kerngebiet befanden sich das Zentrum
Kyiw und die wichtigsten Fürstentümer Tschernihiw und Perejaslaw. Das
Nebenzentrum Nowgorod lag im Norden der Achse zur Ostsee.
Der Sage nach sollen drei Brьder Kyj, Schtschek und Choryw, mit ihrer Schwester Lybid Kyiw gegründet haben. Daher stamme auch der Name der
Stadt.
Das große Reich war eine lockere Föderation
einzelner Länder, die als Fürstentümer von Mitgliedern der herrschenden
Rurikiden-Dynastie regiert wurden. An ihrer Spitze stand der Großfürst von
Kyiw.
Den Fürsten standen ihre
Gefolgschaften (drushyna) zur Seite, deren Mitglieder die Oberschicht2 des
Kyjiwer Reiches bildeten. Dieser frühe ostslawische Adel3 lebte
in erster Linie von Kriegen und vom Handel. Die meisten Bauern waren frei und
entrichteten den Fürsten Abgaben4. Wichtige Arbeitskräfte waren
die Sklaven, die aus Kriegsgefangenen rekrutiert wurden. Die meisten Adligen
lebten in den wichtigsten Städten. Im Kyjiwer Reich blühten das Städtewesen,
Handwerk5 und Handel, besonders der Fernhandel mit Byzanz dem
Orient (über Wolgabulgaren) und Mitteleuropa. Die Stadtbevölkerung war über die
Volksversammlung (das Witsche) aller Freien auch am politischen Leben
beteiligt.
Kyiw, die Hauptstadt des Reiches,
zählte im 11. Jahrhundert fast 50 Tausend Einwohner und gehörte zu den größten
Städten Europas. Auch ausländische Besucher waren von Kyjiw beeindruckt:
"In dieser großen Stadt, die das Haupt des Königreiches ist, gibt es mehr
als 400 Kirchen und 8 Märkte", heißt es in der Chronik des Zeitgenossen
Thietmar von Merseburg schon zu Beginn des 11. Jahrhunderts.
Große Herrschergestalten stehen zu Beginn der Geschichte der Kyjiwer Russ. Die
Waräger (oder Normannen, Wikinger) Askold und Dir, Rurik (der Begründer der
gesamten Herrscherdynastie), sein Sohn Igor (Ingvar), Oleg (Olaf), dann Olga
(Helga) und ihr Sohn Swjatoslaw (der erste slawische Name) herrschten noch über
heidnische6 Stämme und waren selbst, bis auf Olga, nicht
getauft7. Die Waräger Askold und Dir setzten sich mit ihren
Genossen in Kyiw fest. Zwischen 859 und 862, berichtet die "Chronik der
vergangenen Jahre", wurden die Waräger unter ihrem Führer Rurik durch die
Ostslawen gebeten, im Lande zu herrschen. Der Nachfolger Ruriks in Nowgorod,
Oleg, vereinte 882 die beiden Herrschaftsgebiete, Kyiw und Nowgorod, und machte
Kyiw zum Zentrum seiner Herrschaft: "Und Oleg ließ sich in Kyiw nieder und
herrschte da und sprach: <Kyiw soll die Mutter der russischen Städte
werden>", erzählt der Chronist Nestor.
Die Herrscherdynastie der
Rurikiden war normannischer Herkunft8. Die Waräger waren
normannische Krieger und Kaufleute aus Skandinavien. Sie gaben laut einer
Theorie dem Reich ihren Namen, Russ, der bald zum Volksnamen aller Ostslawen
wurde. Später bezog sich der Name hauptsächlich auf das Kyjiwer Fürstentum. Die
Gegner dieser Theorie behaupten die slawische Herkunft des Namens Russ.
Unter der Regierung des Fürsten Wolodymyr (980-1015) und seines Sohnes Jaroslaw (1036-1054) erlebte die Kyjiwer Russ eine Blütezeit9. Wolodymyr der Große ging zum byzantinischen
Christentum über, heiratete die oströmische Prinzessin Anna und ließ 988 die
Bevölkerung Kyjiws taufen. Von Kyiw aus breitete sich das Christentum in der
ganzen Russ aus. Kirchen- und Literatursprache wurde jedoch nicht das
Griechische, sondern das Kirchenslawische. Wie im Byzantinischen Reich wirkten
Kirche und Fürst in Harmonie eng miteinander, wobei die weltliche Macht der stärkere
Partner war. Als Wirtschafts- und Kulturzentren waren die Klöster10
von großer Bedeutung, an ihrer Spitze das Kyjiwer Höhlenkloster.
Die aufblühende ostslawische
Kultur übernahm die Traditionen der byzantinischen Kultur, der führenden
christlichen Zivilisation der damaligen Welt, und entwickelte sie schöpferisch
weiter. Es wurden zahlreiche Werke aus dem Griechischen ins Kirchenslawische übersetzt.
Es entstanden eigenständige literarische Werke. Im Kyjiwer Höhlenkloster wurde
die so genannte Nestor-Chronik geschrieben. Der erste ostslawische Metropolit
von Kyiw, Ilarion, schrieb das "Traktat über Gesetz und Gnade" - die
erste Sammlung des vorher nur mündlich überlieferten Rechts11.
In dieser Zeit entstand auch das bedeutende literarische Werk, das "Lied
von der Heerfahrt Igors", das den Feldzug des Fürsten von Nowgorod-Sewersk
gegen die Polowzer besingt.
Jaroslaw der Weise erreichte eine
Stabilisierung des Staates dank der Sicherung seiner Grenzen. Durch seine
geschickte Diplomatie und Heiratspolitik bestanden zu fast allen europäischen Höfen
verwandtschaftliche und diplomatische Beziehungen. Die prächtigen Kirchen,
allen voran die Sophienkathedrale mit ihren schönen Fresken und Mosaiken,
erinnern noch heute an das Goldene Zeitalter der Kyjiwer Russ.
Nach dem Tod Jaroslaws und
besonders Wolodymyr Monomachs (1113-1125) kam es zu einer Zeit der Verwirrung
und des langsamen Verfalls12. Das Fehlen klarer
Erbfolgeprinzipien13 führte zu ständigen Machtkämpfen. Die
einzelnen Fürstentümer verselbständigten sich und wurden zu neuen Machtzentren:
Polozk, Smolensk, Nowgorod, Pskow, Wolodymyr-Susdal und die Fürstentümer
Galizien und Wolhynien.
In der Zeit von 1140 bis 1240 gab
es in Kyiw 47 Regierungen von 24 verschiedenen Fürsten. Die Regierungszeit
dauerte zwischen 11 Tagen und 13 Jahren. Im Verlauf von zwei Jahrhunderten
zerfiel14 der mächtige Kyjiwer Staat in 15 separate Länder.
Der Angriff des mongolischen Heeres im Jahre 1240 löschte das Leben in Kyiw für
Jahrzehnte fast völlig aus.
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1sich erstrecken (te, t) - простягатися, 2die Oberschicht - вища верства, 3der Adel - дворянство, 4Abgaben entrichten (te, t) - сплачувати податки, 5das Handwerk (der Handwerker) - ремесло (ремісник), 6heidnisch (der Heide) - язичницький (язичник), 7taufen (te, t) - хрестити, 8die Herkunft - походження, 9eine Blütezeit erleben (te, t) - пережити час розквіту, 10das Kloster (das Höhlenkloster) - монастир (Печерський монастир), 11das mündlich überlieferte Recht - право, що передавалося усно, 12die Zeit der Verwirrung und des Verfalls - час плутань та занепаду, 13Erbfolgeprinzipien - принципи спадщини, 14zerfallen (ie, a) -розпадатися.
Haben
Sie den Text richtig verstanden?
Füllen
Sie die Tabelle aus:
№
|
Aussagen
|
ja
|
nein
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1.
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Das Herrschaftsgebiet des Kyjiwer Reiches erstreckte sich im 9. Jh.
zwischen der Ostsee und dem Schwarzen Meer.
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2.
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Das große Reich war eine lockere Föderation einzelner Fürstentümer, die
von Mitgliedern der Rurikiden-Dynastie regiert wurden.
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3.
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Der frühe ostslawische Handel
lebte von Sklavenhandel.
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4.
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Kyiw gehörte im 11. Jh. zu den größten Städten Europas.
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5.
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Die ersten Kyjiwer Fürsten waren normannischer Herkunft und waren
getauft.
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6.
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Der Fürst Wolodymyr ließ 988 die Bevölkerung des ganzen Reiches taufen.
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7.
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Die ganze politische und wirtschaftliche Macht gehörte den Klöstern.
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8.
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Die Kyjiwer Russ erlebte im 10.-11. Jh. ihre Blütezeit.
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9.
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In dieser Zeit entstanden berühmte literarische Werke, viele davon wurden
ins Griechische übersetzt.
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10.
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Jaroslaw der Weise war bekannt durch seine kluge Diplomatie und
Heiratspolitik.
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11.
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Durch den Tod Wolodymyr Monomachs verlor Kyiw als politisches und
kulturelles Zentrum seine Bedeutung.
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Fragen
und Aufgaben
1. Schreiben Sie Ihre Zeittafel
weiter. Suchen Sie dafür im Text nach Daten und den entsprechenden Ereignissen
Jungsteinzeit: die ersten Spuren menschlicher
Besiedlung in
der
Ukraine.
8.-7. Jh. v. Chr.: Skythen besiedelten die
Schwarzmeersteppen. 3. Jh. n.
Chr.: ostslawische Stamme siedelten
auf dem Gebiet
der
heutigen Ukraine.
9.Jh.:
--------------------------------------------------------
859-862: --------------------------------------------------------
882:
--------------------------------------------------------
980-1015:
--------------------------------------------------------
2. Zeigen Sie auf einer Karte die Grenzen der Kyjiwer
Russ und die Städte, die ihre Namen bis heute beibehalten haben.
3. Was beweist, dass die ersten Herrscher des Kyjiwer
Reiches normannischer Herkunft waren?
4. Welche Bevölkerungsschichten gab es im ersten
Staat der Ostslawen? Kreuzen Sie an:
Fürsten Unternehmer Intellektuelle
Bauern Soldaten Geistliche
Arbeiter Handwerker Manager
Sklaven Wissenschaftler Großgrundbesitzer
5. Welche Kyjiwer Fürsten
sind berühmt geworden und warum?
6. Charakterisieren Sie die
Kultur der Kyjiwer Russ.
7. Wann und warum zerfiel
das Kyjiwer Reich?
8. Projektarbeit zu Themen:
- Das Höhlenkloster
"Lawra"
- Die Sophienkathedrale und die
Geschichte der Kyjiwer Russ.
Organisieren Sie eine Exkursion
in diese zwei UNESCO-Welterbstätten (seit 1990). Recherchieren Sie zusätzlich.
Präsentieren Sie die Ergebnisse.