красная клубника

Der Chmelnyzkyj-Aufstand und die Anfänge des Hetmanats

Die Unzufriedenheit entlud sich im Jahre 1648 im großen Volksaufstand
unter Führung von Bohdan Chmelnyzkyj (ca. 1595-1657), einer der großen Erhebungen des  frühneuzeitlichen Europas. Chmelnyzkyj, Sohn eines ukrainischen Kleinadligen, hatte eine Jesuitenschule besucht und dann im Heer der Registerkosaken dem polnischen König gedient. Infolge eines Konflikts mit einem polnischen Adligen, der sein Gut beansprucht und geplündert hatte, floh er in die Saporosher Sitsch. Dort wurde er Anfang 1648 zum Hetman proklamiert, und es gelang ihm, einen neuen Aufstand auszulösen. Die Kosaken erhoben sich für ihre alten, 1638 eingeschränkten Privilegien, in erster Linie gegen den polni­schen Adel, weniger gegen den König. Chmelnyzkyj schloss ein Bündnis mit den Krimtataren, und das kosakisch-tatarische Heer brachte den polnischen Truppen schwere Niederlagen bei.
Dies wurde zum Signal für einen Volksaufstand in weiten Gebieten der Ukraine. Die Kosaken strömten Chmelnyzkyj zu, und die ehemals freien ukrainischen Bauern erhoben sich gegen den Adel, in dessen Abhängigkeit sie geraten waren und von dem sie ausgebeutet wurden. Auch Teile der ukrai­nischen Stadtbevölkerung und des niederen Adels schlossen sich dem Aufstand an. Zahlreiche polnische Adlige und Verwaltungsleute, katholische Priester und Juden wurden getötet, die übrigen flohen nach Polen oder Litauen. Die Aufständischen plünderten ihre Güter und nahmen ihr Land in Besitz. Die Leibeigenschaftsordnung wurde vielerorts durch die Kosakenorganisation ersetzt. Auch auf Teile Weißrusslands strahlte der Aufstand aus.
Chmelnyzkyj erfocht weitere Erfolge gegen polnische Armeen und zog mit seinem Kosakenheer bis vor Lemberg in die Westukraine, doch kehrte er schon im Januar 1649 nach Kiew zurück. Dort empfing man ihn, wie ein Zeitgenosse berichtet, als Helden: "Eine große Menge, die ganze Bevölkerung, begrüßte ihn am Rande der Stadt. Die Akademie hieß ihn mit Reden und Beifall willkommen, man nannte ihn einen Moses (sic!), einen Retter, einen Erlöser, einen Befreier des Volkes von der polnischen Knechtschaft."
 In Kiew kamen Chmelnyzkyj und die Kosaken in engen Kontakt mit der orthodoxen Geistlichkeit und der gebildeten Elite der Stadt, was zur Ausweitung und Radikalisierung der Zielsetzungen des Aufstandes beitrug. Jetzt verkündete der Hetman, er werde das ganze Volk der Russ' von den Polen befreien und als unabhängiger Herrscher der Russ' für den orthodoxen Glauben kämpfen. Sein primäres Anliegen war aber nicht die religiöse Emanzipation oder die soziale Revolution der Bauern, sondern die Bestätigung der kosakischen Privilegien, die er sich von dem neuen polnischen König Jan Kazimierz erhoffte.
So schloss Chmelnyzkyj im August 1649 in Zboriv einen Vertrag mit dem polnischen König, der dem Kosakenheer wesentliche Konzessionen machte: Die Zahl der registrierten Kosaken wurde auf 40 000 erhöht, den Kosaken wurde freies Leben in den drei Wojewodschaften Kyjiw, Tschernihiv und Brazlaw zugesichert, polnische Soldaten und Juden sollten sich hier nicht niederlassen dürfen. Die orthodoxe Kirche sollte nicht weiter diskriminiert, Ämter in der Ukraine nur noch an orthodoxe Adlige verliehen werden. Der Vertrag von Sboriv war ein Sieg der Kosaken und der ukrainischen Elite: Die Bauern und ihre soziale Lage wurden nicht erwähnt.
Der Vertrag gab dem Kosakenheer eine kurze Atempause, die eine politische Konsolidierung erlaubte. Die Kosaken schufen in der Ukraine einen Herrschaftsverband, der offiziell Saporosher Heer hieß, heute gewöhnlich als Hetmanat bezeichnet wird. Die Verwaltungsorganisation folgte der Militärorganisation der Kosaken: Die von Chmelnyzkyj kontrollierten Gebiete der Ukraine zu beiden Seiten des Dnipro wurden in 16 Regimenter gegliedert. Der Heeresstab der Kosaken-Offiziere (Starschyna) diente als zentrale Exekutive, die dem Hetman zur Seite stand. Was die soziale Ordnung betrifft, so stellte sich die Frage, ob sich die egalitären kosakischen Ideale durchsetzen oder ob die Kosakenelite die Stelle der vertriebenen polnischen Adligen einnehmen würde. Dies betraf auch die ukrainischen Bauern, die durch den Aufstand von der Leibeigenschaft befreit worden waren. Diese für die weitere Entwicklung der Ukraine entscheidende Frage wurde erst im Laufe der folgenden Jahrzehnte beantwortet.
Polen-Litauen konnte sich mit der Sezession des ukrainischen Hetmanats nicht abfinden. Im Jahre 1651 folgte ein militärischer Schlag, der bei Berestetschko mit einer Niederlage der Kosaken endete, die von ihren krimtatarischen Verbündeten im Stich gelassen wurden. In einem neuen Vertrag wur­den die Autonomie und die Privilegien der Kosaken erheblich gestutzt. In der Folge gingen die militärischen Auseinandersetzungen weiter.
Das Hetmanat der Dnipro-Kosaken war für sich allein dem Königreich Polen-Litauen, der damals noch führenden osteuropäischen Macht, nicht gewachsen. So war Chmelnyzkyj gezwungen, Bündnispartner zu suchen. Die 1648 geschlossene Koalition mit den Krimtataren hatte sich als instabil erwiesen. Im Jahre 1651 ging der Hetman deshalb eine Vereinbarung mit dem Osmanischen Reich als möglicher Schutzmacht ein. Gleichzeitig traten die Dnipro-Kosaken auch in Kontakt mit dem Moskauer Reich.